29.04.2016 | Restaurants

Ein Abend im Nobelhart & Schmutzig.

Mehrfach ausgezeichnet. Mit einem Michelin-Stern. Und unzähligen Presseberichten. Kritiken, die das Restaurant sowohl in den Himmel loben, als auch zerreißen. 
Wie man es auch nimmt, das Nobelhart & Schmutzig in Berlin macht auf sich aufmerksam. Und stand genau deswegen schon etwas länger auf meiner Liste. Dank einer Einladung von Villeroy & Boch, die das Restaurant in seiner Ausstattung unterstützen, durfte ich mir vor kurzem selbst ein Bild machen. 

foodlovin nobelhart schmutzig

10 Gänge inklusive Weinbegleitung, das wohl innovativste Restaurant-Konzept, das ich in letzter Zeit erleben durfte und ein Menü komplett ohne Zitrone und Olivenöl. 
Seid ihr gespannt? 
Ich war gespannt! 

Please take Memories not Pictures.
Ins Nobelhart & Schmutzig geht man nicht einfach so.
Man läuft nicht dran vorbei und denkt sich da möchte ich jetzt sofort unbedingt essen gehen.
Das liegt zum einen daran, dass das Restaurant von außen vollkommen unscheinbar wirkt. Große Fenster, weiße zugezogene Gardinen. Schilder die das Fotografieren, Telefonieren und Mitbringen von Waffen verbieten. Gut, bei den Waffen bin ich d’accord, beim Telefon und vor allem der Kamera wird mir jedoch ganz bang. Wie sollte ich euch über einen Abend und das Menü berichten, ohne Fotos zu machen?

Aber zum Glück durfte ich mich dank Villeroy & Boch mit meiner Kamera weitgehend austoben. Und der Gedanke, an einem Abend im Restaurant Smartphone und Kamera mal zur Seite zu legen und sich auf den Abend, die Menschen dort und das Essen zu konzentrieren, ist ja im Grunde ein guter. Das schönste Kompliment, das Sie Ihrem Gegenüber machen können, ist das Mobiltelefon lautlos zu stellen und es in der Tasche zu lassen. Please take memories not pictures. 
Da stimme ich zu, Erinnerungen sind viel mehr wert, als Bilder. Aber ich war ja dort, um meine Erinnerungen mit euch zu teilen. Und da helfen Bilder doch ganz gut, nicht wahr?
(Psst: auch wenn man mal auf’s Smartphone schaut oder Telefoniert – man fliegt nicht raus.)

nobehart und schmutzig berlin
© Carolin Prange | carolinprange.de

Vor der Tür stehend frage ich mich kurz, ob ich auch wirklich richtig bin. Das geht jedem so, wie ich später erfahre. Um einzutreten, muss ich klingeln, werde aber sofort sehr nett in Empfang genommen. 

Im Restaurant ist es nicht besonders hell, die Vorhänge sind zugezogen, das Licht schummrig. Als erstes fällt eine meterlange Theke ins Auge, an der die Gäste sitzen und dabei direkt in die Bar und die Küche schauen können. Die Wände sind mit Holz vertäfelt – an irgendetwas erinnert mich das, ich kann aber noch nicht festmachen, woran.
Wir sitzen am einzigen Tisch des Restaurants, sonst nimmt der Gast an der Theke Platz. 
Ein Blick auf die Speisekarte macht mir große Augen. Abgefahren! 
10 Gänge. Mit Weinbegleitung. Abenteuerlich.
Auf geht’s!

karte nobelhart und schmutzig

nobelhart und schmutzig wein

Lokal? Oder Brutal?
Zu Beginn begrüßt uns Wirt Billy Wagner und erzählt uns von der Entstehung und den Hintegründen des Restaurants, das er vor gut einem Jahr mit seinem Küchenchef Micha Schäfer eröffnet hat.
Im Nobelhart & Schmutzig wird kein Produkt verwendet, das nicht im Umland von Berlin angebaut und produziert wurde. Keine Zitronen, kein Olivenöl, keine exotischen Früchte, keine Vanille, kein Zimt. Gibt’s nicht in Deutschland, gibt’s nicht auf der Karte.
Bei den Weinen macht Wagner als vielfach ausgezeichneter Sommelier eine Ausnahme. Aber auch hier bleibt es abgefahren und brutal anders.
Selbst die Seife und Handcreme im Bad sind Lokal – das nennt ich mal konsequent.

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Minimalismus auf dem Teller.
Schäumchen hier, Essenz da? 
Gibt’s hier auch nicht. Die Teller von Micha Schäfer und seinem Team sind reduziert, minimalistisch, auf das Produkt konzentriert. Es erfordert schon ein bißchen Kühnheit, Mut und Witz, einen Teller mit zwei einzelnen kleinen Radieschen zu servieren. 

Bevor es richtig losgeht, gibt es aber noch ein Tartar mit Meerrettich. Es wird mit den Fingern gegessen. 
Besteck steht auf dem Tisch, für den ganzen Abend gibt es nur ein Messer. Absolutes Kontrastprogramm zu dem, was man sonst aus der gehobenen Gastronomie kennt. 
Nach den Radieschen folgt der Gang, der optisch mein Favorit bleiben wird: Kohlrabi mit geräuchertem Speck und Molke. Hauchdünn in Rechtecke geschnitten und geometrisch angebordnet.
Ich bekomme dazu extra glutenfreies Brot, das so gut ist, dass ich mir am liebsten ein paar Scheiben für den nächsten Morgen mitnehmen würde. 

nobelhart und schmutzig tartat

radieschen nobelhart schmutzig

radieschen nobelhart schmutzig

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1, 2, 3, 4, 5….
Der nächste Gang ist geschmacklich einer meiner Favoriten. Nackthafer mit selbst hergestelltem Frischkäse. Jeder Gang wird übrigens von dem Koch serviert und erläutert, der es zubereitet hat. 
Einer der minimalistischsten Gänge des Abends ist der Fisch: Saibling mit Spitzkohl und Dill. Der Saibling nur ein Hauch von Gegart, der Kohl ohne Sößchen, hier wird sich ganz auf die Gewürze verlassen.

Mittlerweile weiß ich auch, woran mich die vertäfelten Wände erinnern: an einen Hobbyraum. Einen Partykeller. Das ist kein Zufall, sondern genau so gewollt. Der Gast soll sich fühlen wie bei einem entspannten Abend mit Freunden im Partykeller – nur mit besserem Essen. 

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nobelhart schmutzig saibling

…6, 7, 8,…
Ich muss immer wieder auf die Karte schauen, um nicht den Überblick über das zu verlieren, was ich schon gegessen habe und was noch kommt. Es steht Fleisch auf dem Plan. Lamm, natürlich aus der Umgebung, mit Bärlauch. Hier wird nicht nur das feine Lammfilet verwendet, sondern auch der Lammbauch. Dazu gibt es ein stark einreduziertes, sirupartiges Sößchen.
Nach dem Lamm folgt noch eine Kartoffelsuppe mit Blutwurst. Und so minimalistisch die Portionen auch sind, langsam bin ich satt. Was schade ist, denn die Suppe ist hervorragend und ich gewöhne mich tatsächlich langsam an Blutwurst. 

Und Nachtisch!
Beim Dessert ist jedes Sättigungsgefühl jedoch vergessen. Das Granité von der Petersilienwurzel mit Malz macht Platz für einen letzten Gang: eine Milchcreme mit ganzem Sanddorn und Petersilie. Ja, Petersilie im Dessert. Hier bin ich wieder voll dabei, die Kombination ist genau meins!

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nobelhart und schmutzig micha schäfer

Ich muss ganz ehrlich sagen, ich kann euch kein abschließendes Fazit zu diesem Abend geben. 
Ich bin nämlich immer noch ein bißchen verwirrt. Das Konzept verwirrt mich mit seiner Andersartigkeit. Aber es geht mir nicht aus dem Kopf. Ich habe im nachhinein wohl noch nie so viel über einen Restaurantbesuch nachgedacht. 

Wahrscheinlich muss man es einfach selbst erleben!
Ich kann aber mit Sicherheit sagen, dass mir dieser Abend noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Vielen Dank an Villeroy & Boch, Billy Wagner und Micha Schäfer für diesen außergewöhnlichen Abend.

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Kommentare

Tabea

29.04.2016 um 21:27 Uhr

Ein Restaurant, in dem man klingelt? Spätestens da wurde ich neugierig… aber das klingt ja echt nach einem Lokal, das mal etwas ganz anderes. Zehn Mini-Gänge wären allerdings eher nichts für mich… Ich habe lieber die Wahl zwischen mehreren Gerichten und entscheide mich am Ende für eins.
Liebe Grüße

Denise

2.05.2016 um 09:35 Uhr

Hallo Tabea,

hehe, da sind wir wohl ganz unterschiedlich. Ich kann mich in einem Restaurant nie für einen Gang entscheiden und würde am liebsten alles probieren – für mich ist sowas perfekt :)

Liebe Grüße,
Denise

Annalena

2.05.2016 um 09:06 Uhr

Ob das wohl was für meinen nächsten Besuch in der Hauptstadt wäre? Ich bin mir nicht ganz sicher. Was ich aber spannend finde, ist die Geschichte mit den Smartphones.
Ich bin ehrlich gesagt immer wieder geschockt und überrascht, wenn ich in einem Café sitze und andere Gäste beobachte. Ziemlich oft sitzen sich Päärchen oder Freundinnen gegenüber und wechseln für 40 Minuten kein Wort. Beide am Smartphone. Das finde ich schon sehr befremdlich – deswegen gefällt mir die Idee, dass Smartphones nicht gestattet sind. Gleichzeitig ist es ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft: Wir brauchen ein ausdrückliches Verbot, damit wir uns mit unserem Gegenüber auseinandersetzen.

Liebe Grüße!
Annalena

Denise

2.05.2016 um 09:34 Uhr

Hallo Annalena,

stimmt schon, im ersten Moment denkt man: was? die wollen mir mein Smartphone verbieten? Aber wenn man genauer drüber nachdenkt, ist das wirklich eine sehr schöne Sache, sich einen Abend mal ganz auf sein Gegenüber zu konzentrieren.

Liebe Grüße,
Denise

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