Wisst ihr eigentlich, was mein Name „Denise“ bedeutet?
Ich sag’s euch: dem Gott des Weines, Dionysus, geweiht.
Unter diesen Voraussetzungen konnte ich nicht anders, als die Einladung des Consorzio Montefalco zur Weinreise durch Umbrien anzunehmen. Zusammen mit 5 anderen Weinkennern, Weinliebhabern und Weinjournalisten machte ich mich Ende Februar auf in Richtung Montefalco. Zwei einhalb Tage entdeckten wir Weingut für Weingut, den Ort Montefalco und das umbrische Lebensgefühl.
Nein, wie immer hab ich euch von meiner Reise etwas mitgebracht: Ciambelline al Sagrantino Passito.
Ein für die Region typisches Gebäck mit rotem Süßwein. „Was ist das denn“ oder „Das schmeckt“ fragt ihr euch? Das wusste ich vor dieser Reise auch noch nicht…
Expertin für Wein? Bin ich nicht. Weinkenner? Auch nicht. Neugierig und fasziniert von Wein, das bin ich.
Dennoch hat mein Hängen zwischen den Stühlen auch einen Vorteil: ich gehe vollkommen vorurteilsfrei an die Sache heran. So wie ihr es auch tun würdet, wenn ihr zuhause mit Freunden eine Flasche Wein öffnet. Oder im Restaurant einen Wein wählt. Ich berichte euch deswegen nicht über die Note von Leder und Pferdeurin im Nachklang oder die Mazerationsdauer. Sondern über meine ganz persönlichen Eindrücke von einem Stück Italien, das weniger populär als die Toskana oder das Veneto ist und über eine Rebsorte, die hierzulande noch kaum bekannt ist.
Gierig stürzen wir uns auf die ersten Scheiben Salume und Pecorino und knuspern hausgemachtes Brot. Und probieren unseren ersten Sagrantino di Montefalco… Die Spannung steigt.
In Vino Veritas: Ich bin nicht begeistert.
Sehr tanninhaltig, stark adstringent. Ha, jetzt mache ich es ja doch! Schmeiße hier mit Fachworten um mich.
Also auf deutsch: sehr herb, leicht pelziges Gefühl auf der Zunge, wie das Gefühl, als ziehe sich der Mund zusammen. Ein bißchen, als würde man auf Traubenkerne beißen oder fünf Stunden lang gezogenen schwarzen Tee trinken.
In den nächsten Tagen lerne ich, dass genau diese Eigenschaften ganz typisch für den Sagrantino di Montefalco sind. Allerdings sind sie mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt, was für mich entscheidend dafür ist, ob mir der Wein gefällt oder nicht.
Das liegt nicht daran, dass der Winzer ein Auftreten wie Darth Vader hat, im Gegenteil, er ist äußerst charmant! Nein, das Bauwerk erinnert mich an etwas, das nicht aus dieser Welt stammt. Oder die Sonne war zu viel für mich.
Ich muss zugeben: auf den ersten Blick bin ich nicht überzeugt. Aber das Konzept des Künstlers Arnaldo Pomodoro zieht sich so einmalig und stringent durch das ganze Weingut, dass ich am Ende hin und weg war.
Schon beim Eintreten ins Innere, den Bauch der Schildkröte, verschlägt es einem die Sprache. Was für ein außergewöhnlicher Raum! Hier sollen wir später auch zu Mittag essen und ich kann es ehrlich gesagt kaum abwarten.
Was uns der Koch Filippo Artioli hier auftischt, ist ebenfalls göttlich. Ohne Zweifel das Beste, was ich auf dieser Reise probieren werde. Dasselbe gilt für die Weine.
An diesem Tisch entdecke ich meine Liebe zum süßen Sagrantino Passito, dem ich eher skeptisch gegenüber stand. Zum Passito werden auch die kleinen runden Biscotti gereicht, die mich so begeistern, dass ich mir welche für später mitnehme.
Knusprig, nicht zu süß, mit Rosinen und Anis gebacken. Noch vor Ort beschließe ich: die werden nachgebacken!
Während mich zuvor Prestige und das pompösen Anwesen begeisterten, überzeugen mich die Weine von Bellafonte durch Understatement. Hier regiert der Minimalismus. Keine Schildkröten, kein himmlisches Menü, absolute Schnörkellosigkeit. Der Wein ebenso klar, elegant und eindeutig.
Caprai verlässt sich beim Weinanbau auf modernste Technologie. Ein starker Kontrast zu seinen Kollegen aus der Gegend. Sein Sagrantino Passito belegt bei mir Platz 2, die restlichen Weine liegen geschmacklich im Mittelfeld. Das Weingut Caprai gibt mir einen guten Einblick, wie Weinproduktion bei den ganz großen internationalen Winzern funktioniert. Mir wird es hier fast schon zu technisch. Trotz W-Lan.
Tag drei war mit Sicherheit der anstrengendste Tag unserer Reise. Hier bleibt nur hängen, was wirklich heraus sticht. Dazu gehört das Weingut Colle Ciocco, wo wir in herrlicher Atmosphäre am Kaminfeuer nicht nur Wein, sondern auch Olivenöl verkosten. Dazu gibt es Brot, Pecorino, Prosciutto, Salume und – typisch für mich – ich konnte die Finger wieder nicht von den köstlichen Keksen lassen, die mir am Vortag schon aufgefallen sind.
Da die Winzerin gut deutsch spricht, erfahre ich, dass sie Ciambelline al Sagrantino heißen (die Kekse, nicht die Winzerin). Sie verrät mir sogar ihr Rezept, dem ich in Gedanken durch Buchweizen- und Kastanienmehl schon meine eigene Note verleihe.
Poor me. More Wine!
Langsam werde ich sicherer im Verkosten.
Ich entdecke meine Liebe zu Grecchetto – und meine Abneigung gegenüber Trebbiano. Im Gegensatz zum Sagrantino de Montefalco schmeckt mir der Rosso di Montefalco durch die Reihe besser. Er besteht aus verschiedenen Rebsorten, meist Sangiovese, Merlot und nur einem kleinen Teil Sagrantino. Besonders der Montefalco Rosso Riserva von Perticaia schmeckt mir so gut, dass ich eine Flasche mit nach Hause nehme.
Zum Abschluss des Tages kommt mir nochmal eine völlig unpassende Film-Assoziation in den Sinn.
Die Terre de la Custodia punktet bei mir mit den außergewöhnlichsten Verkostungsräumen der Reise, die mich ein wenig an Der Pate erinnern.
Am Kamin, zwischen Ölgemälden, in schweren Ledersesseln und Samtbezügen stellt man sich eher europäische Wirtschaftsriesen (oder Mafiosi) vor, als eine Gruppe deutscher Weinjournalisten und -blogger.
Teilweise rückt der Wein nun für mich etwas in den Hintergrund und ich lasse mich mehr von der Atmosphäre, der Landschaft und ja, den Snacks, beeindrucken.
Neben der herzlichen Gastfreundschaft der Umbrier beeindruckt mich vor allem die Leidenschaft, Hingabe und Verbundenheit mit dem Weinanbau. Vom Großvater bis zur BWL-Absolventin, die aus Mailand zurück in die Heimat kam, hier steht jeder mit Herzblut hinter seinem Produkt.
Wenn ich alt bin lasse ich mich auf einem Weingut in Frankreich nieder und produziere meine eigenen Wein. Eine romantische Vorstellung vom Lebensabend, die mir schon ein, zweimal über die Lippen kam. Schuld daran sind, um den thematischen Kreis zu schließen, wieder einmal Film-Assoziationen. Ob Dem Himmel so nah, Ein gutes Jahr oder Bottle Shock – ich liebe Filme über Winzer und das Leben auf Weingütern.
Dass Weinanbau aber harte Arbeit, ein 24-Stunden Job und vor allem unheimlich viel theoretisches und technisches Wissen voraussetzt, war mir bisher gar nicht bewusst.
- 250 g Kastanienmehl
- 200 g Buchweizenmehl
- 125 g Reismehl
- 200 ml Olivenöl
- 200 ml Sagrantino Passito (ihr könnt auch Portwein verwenden)
- 250 g Zucker
- 100 g Rosinen
- 15 g Fenchelsamen
- 1 Ei
- 1. Den Ofen auf 180 °C (Ober- und Unterhitze) vorheizen.
- Den Sagrantino Passito in einer großen Schüssel mit dem Öl und dem Zucker vermischen. Die Mehlsorten mischen und unter Rühren zu den flüssigen Zutaten geben. Eventuell noch etwas mehr Mehl dazugeben, bis der Teig geschmeidig und formbar wird. Die Rosinen und Fenchelsamen unterheben.
- 2. Den Teig in 4 Portionen teilen und jeweils zu einer Rolle mit ca. 5 cm Durchmesser formen. Die Teigrollen in gleichmäßige Stücke schneiden und aus jedem Stück wiederum eine kleine Rolle mit ca. 1 - 2 cm Durchmesser rollen. Zu einem Kringel formen und die Enden festdrücken.
- Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Das Ei verquirlen und die Ciambelline damit einstreichen. Im vorgeheizten Backofen ca. 15 - 18 Minuten goldbraun backen.
Vielen Dank an das Consorzio Montefalco für die Einladung zu dieser Reise.
Kommentare
Alnis
25.05.2015 um 17:14 Uhr
Ein wunderschöner Bericht mit tollen Bildern, sehr, sehr interessant! Wir waren vergangenes Jahr in der Toskana und mir ist es genau so wie dir ergangen. Von einem Weingut zum Anderen und das in nur wenigen Tagen, dazwischen etwas Kultur und Essen, Essen und nochmals Essen!
Das Rezept kenne ich, aber probiert habe ich es noch nie!
Viele liebe Grüße
Alnis
http://alnisfescherblog.com
Denise
25.05.2015 um 17:56 Uhr
Vielen Dank Alnis!
Das ist ja eine Überraschung, dass du das Rezept kennst. Damit hab ich nicht gerechnet :)
Dann wird’s ja Zeit, dass du es mal ausprobiert, ist wirklich köstlich zu einem Glas Wein oder auch zum Kaffee!
Liebe Grüße,
Denise
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